Rezension / review
by sg
Culture + Arts > Visual Arts
November 25, 2016
Fotografische Reise ins Selbst: Two Sophisticated Austrian Artists in Self-Portraits
Christine Kofler
Sie: Künstlerin, Filmemacherin, Expertin für Animationsfilme, Drehbuchautorin, Schriftstellerin. Er: Künstler-Fotograf seit über drei Jahrzehnten, der analogen Kamera und dem Selbstporträt zugetan. Der Kurator Georg Weckwerth hat beide, Sabine Groschup und Albert Paul Leitner, für eine Fotoausstellung zusammen gebracht, die derzeit im Kunstraum Cafè Mitterhofer in Innichen zu sehen ist. Sie geht am Samstag, 26. November 2016, zu Ende. Gelegenheit, die Fotos zu sehen, gibt es aber weiterhin: Vom 25. Februar bis zum 1. April 2017 wird “Two Sophisticated Austrian Artists in Self-Portraits” in der Galerie am Polylog in Wörgl in Nordtirol gezeigt, anschließend im Kunstraum Lienz. Im Jahr 2018 ist das Österreichische Kulturforum in Berlin Ausstellungsort. Weitere Stationen sind in Planung. Im Interview erzählt Sabine Groschup von Selfies, Self-awareness und der Intermedialität zwischen Film und Fotografie in ihren Werken.
Während Paul Albert Leitner als klassischer Kunstfotograf gilt, bist Du eine bildende Künstlerin, die mit zahlreichen unterschiedlichen Kunstformen experimentiert. Wie habt ihr für diese Ausstellung zusammen gefunden?
Georg Weckwerth hatte die Idee, zwei extrem unterschiedliche Positionen des künstlerisch-fotografischen Selbstporträts in einer Ausstellung zusammen zu bringen und gleichzeitig gegenüberzustellen. Im Zentrum der Schau steht ergänzend oder als Ausgangspunkt das Collaboration-Work. Es war eine besondere Auseinandersetzung und Aufgabe von Paul Albert und mir, eine Arbeit zu schaffen, wo er in ein Porträt von mir und ich in das Selbstporträt von ihm hinein arbeitete.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Selbstporträt. Heute werden so viele Selbstporträts geschossen wie noch nie. Woher kommt die Lust, sich selbst zu fotografieren? Ist das Selfie Selbstvergewisserung?
Im heutigen vom Internet bestimmten Leben ist es für viele Menschen wichtig zu zeigen, dass sie da sind. Das Posing hat sich dabei ins Extreme entwickelt. Bei meinen Selbstporträts geht es eher um “Selbstfindung”. Sicher bin ich durch meine Professorin an der Universität für angewandte Kunst, Maria Lassnig, und deren Selbstporträts beeinflusst. Das “Sich-Darstellen”, aber nicht in der Art des Posings, sondern im Sinne der “Self-awareness”, der Ich-Befragung und Selbstbewusstheit, kommt hier zum Tragen.
Einige Bilder wirken ziemlich surreal, einige aus der Zeit gefallen, auch wegen der Kostüme und der Belichtung. Ein Foto wirkt so, als ob es direkt aus den 60er- oder 70er-Jahren kommt. Nutzt Du die Fotografie als Zeitmaschine?
Das Zeitlose und keiner Zeit zuordenbare finde ich interessant. Fotografie als Zeitmaschine, als “Transmitter” in andere Jahrzehnte, ist eine lustige Idee, die ich so noch nicht hatte.
Wie hast Du die Bilder komponiert? Alles streng durchgeplant – oder auch Platz für Spontanes?
In Paul Albert Leitners Selbstporträts ist tatsächlich alles komponiert und inszeniert. Für ihn sind das richtige Licht, der richtige Ort und die richtige Belichtung wichtig. Für meine Self-awareness-Arbeiten muss ich sofort losschießen. Das Sich-selbst-Entdecken in einem Klopapierrollenhalter, in einer Glaskugel, in den Sonnengläsern anderer setzt Spontanität voraus.
Du bist eine renommierte Vertreterin des künstlerischen Animationsfilms, machst auch Experimental- und Dokumentarfilme. Wie beeinflusst der Film Deine Fotografie?
Auf jeden Fall sehr! Die Ästhetik von Filmen wie „Der Dritte Mann“ oder surreale Animationsfilme der ersten Stunde hinterlassen bei mir sehr großen Eindruck. Teilweise arbeite ich auch filmisch mit Fotos, in Form von Einzelbildfilmen. Das heißt, dass die Fotografie integriert ist, Fotos Inhalt und Bestandteil der bewegten Bilder sind, wie bei meinem Film “Unterwegs”, der aus rund 1000 Digitalfotos besteht, oder wie bei “Ghosts – Nachrichten von Wem”, wo ich über die analogen Fotografien mittels Malerei auf Folie animiert habe.
Fotos: Collaboration Work ® Sabine Groschup & Paul Albert Leitner; Ausstellungssujet “Two Sophisticated Austrian Artists in Self-Portraits” Georg Weckwerth