Sabine Groschup

Ausstellung / exhibition

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/maria-callas-ausstellung-pasinger-fabrik-marlene-dietrich-oper-lux.CeRjJ5GrAqStLs6Q5AsJW5

Maria Callas und andere Diven:Viva la Diva!

Lesezeit: 6 min

Sie gilt als Prototyp der „Diva assoluta“: Maria Callas, hier in der Rolle der „Medea“ von Cherubini 1959 am Royal Opera House in London. Aber was ist es, was sie zur Göttin macht? (Foto: imago stock&people/imago/ZUMA/Keystone)

Mit Kunst, Filmen, viel Expertenwissen – und sogar spiritistischen Sitzungen – versucht die Pasinger Fabrik hinter das Geheimnis der unvergleichlichen Maria Callas und anderer Göttinnen zu kommen. Ein reines Vergnügen.

Von Jutta Czeguhn

Der „Stimmenpapst“ Jürgen Kesting stellt in seinem Standardwerk „Maria Callas“ gleich im ersten Satz die entscheidende Frage: „Könnte es sein, dass es die unvollkommene Schönheit ist, welche sich als vollkommenste erweist?“ Denn die Kategorie „Schönheit“, sie ist nahezu falsch für diese Ausnahmestimme, für diese Frau. Maria Callas, deren 100. Geburtstag alle Welt im Dezember vergangenen Jahres gefeiert hat, gilt als Diva assoluta. Wie keine andere trieb sie ihr Organ über beinahe drei Oktaven, berauschend in der Ausdruckstiefe, kompromisslos, furchtlos, zuweilen schneidend hässlich. Mit 35 Jahren war dann die Stimme schon ruiniert, mit 53 starb die Callas an einem Herzinfarkt. Und doch hat keine andere Opernsängerin neben ihr Bestand. Ihr Leben, ihre Lieben, riesige Tabloid-Dramen. Niemand hat es treffender formuliert als Ingeborg Bachmann, als sie über die Callas sagte, sie habe Rollen nicht gesungen, sondern auf der Rasierklinge gelebt. Eine Ausstellung in der Pasinger Fabrik nähert sich nun dem Phänomen Callas auf dem Weg der künstlerischen Einkreisung, vielleicht ist es sogar eine Umarmung. „Diva – Aufstieg, Glanz und Fall“ ist dort bis zum 11. August zu sehen. Empfehlenswert nicht nur für Callas-Enthusiasten, für die jedoch ein Muss.

Das Streben der Callas nach Verwandlung thematisiert Sula Zimmerberger in ihrem Video „Metamorphosis“ (Videostill 2024). (Foto: Sula Zimmerberger)

Mitglieder der Künstlerhausvereinigung Wien und weitere Gäste erkunden den riesigen Resonanzraum, den Maria Callas aufgestoßen hat, ihren Einfluss auf Popkultur, Mode, auf den Narzissmus der digitalen Moderne. Die Schau, klug konzipiert von den Kuratoren Augusta Laar und Stefan-Maria Mittendorf, beginnt im Lichthof der Fabrik mit dem Callas-Topos schlechthin, ihrer Verwandlung, Selbsterfindung. Kompromisslos auch hier, hungerte sie sich Anfang der Fünfzigerjahre von 90 auf 55 Kilos herunter. Im Zeitraffer baut sich in Sula Zimmerbergers wandbreitem Video „Metamorphose“ Cecil Beatons ikonische Callas-Fotografie auf: der wie mit dem Lineal gezogene Mittelscheitel, die betonten Augenbrauen, der dicke Eyeliner, voluminöse Lippen, die Hände umfloren das Gesicht wie Blütenblätter. Man denkt an die Performancekünstlerin Marina Abramović, die sich, reichlich eitel, in dieser Pose inszenieren ließ. Allerdings erinnert die Frau im Video eher an die überirdisch schöne Monica Bellucci, die ebenfalls schon in die Rolle der Callas geschlüpft ist.

Hat die Callas den Narzissmuss der digitalen Moderne vorweggenommen. Eine Frage, die Dörthe Bäumer in ihrer Collage „Eine Heimat und einen Himmel haben“ (2024) beschäftigt. (Foto: Dörthe Bäumer)

Oben in den Galerieräumen taucht dieses Motiv der Distanz schaffenden Selbstumarmung erneut auf. „Self Embrace“ nennen Moritz Altmann und Ergül Cengiz ihre Keramik, die einem erst wie ein unförmiger Klumpen vorkommt. Dann entdeckt man ein Gewirr ineinander verkeilter Hände und Arme und erinnert diese Geste: der legendäre Auftritt der Callas 1958 in der Pariser Oper, ein Staatsereignis damals, live übertragen. Eine Stola schützend um den erschreckend fragilen Körper geschlungen, singt die Callas „Casta Diva“ aus der Oper „Norma“. Über 90 Mal hat sie in dieser Rolle auf den Bühnen der Welt gestanden, Momente des größten Triumphs – und tiefster Schmach. Als sie 2. Januar 1958 in Rom die Norma-Vorstellung schwer erkältet abbrechen muss, wird daraus ein internationaler Skandal, denn der Staatspräsident ist anwesend. Sie erhält Morddrohungen, Claqueure spucken ihr vor die Füße. Ruscha Voormann hat für ihre Arbeit die Tonsequenz von der Casta-Diva-Arie analysiert und daraus ein visuelles Klangerlebnis kreiert.

Über Maria Callas Meisterklassen an der Juilliard School in New York gibt es sogar ein Theaterstück, Augusta Laar erzählt davon in ihrer Installation „Barbie-Maria Masterclass“. (Foto: Augusta Laar)

Die Liebesbedürftigkeit der Callas, ihre Einsamkeit ist Thema bei Ursula Neugebauer. In ihrer Klanginstallation hat sie hunderte goldfarbener Wachsperlen auf dem Boden verteilt, Symbol für das haltlose emotionale Fundament der Künstlerin. Dazu wird ein Sampling aus Callas-Partien eingespielt, unter anderem singt sie das verzweifelte „Amami, Alfredo!“ der sterbenden Violetta aus „La Traviata“. „Liebe mich, Alfredo!“

Sehr geliebt hat die Callas bekanntlich ihre Pudel. Waren die Hunde für sie nur Modeaccessoires? Oder nach all ihren Beziehungskatastrophen treue Gefährten? Ein interessanter, plüschiger Kommentar kommt dazu in der Ausstellung von Sabine Groschup. Auch die notorische Kurzsichtigkeit der Diva, die so weit ging, dass sie zu Hause Bühnenbilder nachbaute und ihre Wege übte, wird aufgegriffen in einer Stickerei-Arbeit von Claudia-Maria Luenig.

Die Schau schlägt einen weiten Bogen – die Callas als Barbie-Puppe, eine Installation aus Plattenalben, ein aufblasbarer Riesenhase und dann auch noch das: ein Selfie-Hotspot, von Annette Hempfling wie eine überbordende Operngarderobe ausstaffiert. In dieser Installation „Create your own Diva“ können sich Ausstellungsgäste, perfekt ausgeleuchtet, in Diva-Manier ablichten. Posing für die Social-Media-Posts.

Marias Geist

Wer sich trotz dieser famosen Schau samt Beiprogramm all den Diven und Maria Callas im Besonderen kein Stück näher fühlt, der nimmt am besten direkten Kontakt auf: in einer Séance mit Maria Callas. Künstlerin Birthe Blauth hat in der Fabrik für spiritistische Sitzungen einen speziellen Raum eingerichtet. Also, Handflächen auf den Tisch. Maria? Bist du hier irgendwo? Maria?

„Diva assoluta Maria Callas“, Ausstellung und Rahmenprogramm, bis 11. August, Pasinger Fabrik, August-Exter-Straße 1, www.pasinger-fabrik.de

© SZ – Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.

Filmvorführung / screening

Ausstellung / exhibition

16. Klangwechsel der John-Cage-Orgelkomposition ORGAN2/ASLSP

05.02.2024 ab 14:00 Uhr

Der jeweilige Klangwechsel in der Aufführung der Komposition ORGAN2/ASLSP von John Cage in Halberstadt ist jedesmal ein besonderes Erlebnis. Das Interesse zahlreicher Cage-Freunde aus vielen Ländern, sowie das internationale Medieninteresse belegen dies eindrucksvoll. Die Gesamtdauer der Aufführung beträgt 639 Jahre. Der deutsche Organist Gerd Zacher, dem dieses Stück gewidmet ist, hat es in Metz in etwas über 29 Minuten uraufgeführt. Das Stück besteht aus acht Teilen, von denen jedes gespielt werden muss und jedes wiederholt werden kann. Nichts ist festgelegt – außer der Tonhöhe und der Dauer der Klänge. Der Zeitraum zwischen den Klängen, also zwischen den Klangwechseln, kann in der Projektion auf die Gesamtdauer von 639 Jahren wenige Monate, aber auch einige Jahre betragen. Die Partitur gibt den Zeitpunkt zum Wechsel des Klanges vor. Dafür wird die Zusammensetzung der Orgelpfeifen in der Halberstädter Orgel in einer feierlichen Zeremonie angepasst.

A 639-year-long John Cage organ performance strikes a new chord in Germany

View of an embroidered sheet of music from the piece <em>Organ2/ASLSP</em> by John Cage. Artist Sabine Groschup expands the embroidery with each change of sound. After two years, the sound of the slowest piece of music in the world, has changed for the 16th time. This means that the six-sound piece that has been played in the Burchardi Church since February 2022 has become a seven-sound piece.
View of an embroidered sheet of music from the piece Organ2/ASLSP by John Cage. Artist Sabine Groschup expands the embroidery with each change of sound. After two years, the sound of the slowest piece of music in the world, has changed for the 16th time. This means that the six-sound piece that has been played in the Burchardi Church since February 2022 has become a seven-sound piece.
Matthias Bein  dpa/picture alliance via Getty Images

Kunst für als Unterstützung

Im Cage-Haus gab es schon des Öfteren Ausstellungen von Zeitgenossen Cages und von Künstlern, die dem Orgelprojekt verbunden sind – der auf 639 gestreckten Aufführung des Cage-Werks „Organ2/As slow as possible“. Diese Spielanweisung (so langsam wie möglich) wird hier sehr wörtlich genommen.

Aktuell können im Cage-Haus zudem Bilder der Serie „ASLSP leben Steine“ des Huy-Neinstedters Olaf Wegewitz und die Photo-Stickbilder „Soundpics“ von Sabine Groschup erworben und das Projekt damit unterstützt werden.

 

Ausstellung / exhibition

 

https://frau-schafft-raum.at/

Feministischer Kunstraum FRAU* schafft Raum ist eröffnet

Im 9. Bezirk entsteht der erste feministische Kunstraum. Ein Ort des Verbrechens wird zum „FRAU* schafft Raum“.

Für die künstlerische Bespielung der ehemaligen Trafik wird in Zusammenhang mit der Geschichte des Ortes das Thema „Femizid“ in den Fokus gestellt. Künstler*innen können bis 21. Jänner 2024 Ausstellungskonzepte einreichen, die zum Thema „Femizid“ passen. Die Einreichungsmodalitäten stehen zum Download bereit.

Eröffnung des feministischen Kunstraumes, Gruppenfoto mit Stadträtinnen Gaal und Kaup-HaslerAuch die Stadträtinnen Kathrin Gaal und Veronica Kaup-Hasler sowie Bezirksvorsteherin Saya Ahmad und Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Christian Sapetschnig nahmen an der Eröffnung teil.

Zwischen 2014 und 2021 sind 242 Frauen* in Österreich von Ex-Partnern, durch Bekannte oder Familienangehörige ermordet worden. Im Alsergrund wurde 2021 eine 35-jährige Trafikantin von ihrem Ex-Partner in Brand gesetzt und erlag ihren schweren Verbrennungen.

Im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen* 2022 hat der 9. Bezirk angekündigt, dass die ehemalige Trafik in der Nußdorfer Straße 4 zum ersten feministischen Kunstraum „FRAU* schafft Raum“ umgestaltet wird. Ein Ort des Verbrechens wird zum Ort des Erinnerns, der Solidarität und der Prävention. Künstler*innen setzen sich hier mit dem Thema Femizid und Gewalt gegen Frauen* auseinander.


Ausstellung bis 8. Februar

Plakat der Ausstellung "Da war die Angst"

Die erste Ausstellung im Rahmen von FRAU* schafft Raum zeigt eine Installation von Sabine Groschup mit dem Titel „Da war die Angst“. Sie besteht aus einer Textilarbeit, die mit einem von der Künstlerin verfassten Gedicht bestickt wurde, und zahlreichen Weckern und Wanduhren, welche die Menge der Femizide in Österreich und die stehengebliebene Zeit der ermordeten Frauen darstellen sollen. Die Vernissage fand am 7. Dezember 2023 statt. Die Ausstellung ist bis 8. Februar 2024 zu sehen.


Projekt „FRAU* schafft Raum“

Mit dem Projekt „FRAU* schafft Raum“ will der Bezirk seinen Teil dazu beitragen, die Gewaltspirale in der Gesellschaft aufzubrechen. Das kostenfreie Angebot wird im öffentlichen Raum niederschwellig für alle zugänglich sein. Dadurch entsteht ein Ort des Gedenkens aller Femizide sowie ein Informationsort des Empowerments, der Solidarität und der Prävention.

„FRAU* schafft Raum“ bietet als interdisziplinäre Plattform die Möglichkeit, das Engagement der Stadt Wien und des Bezirks noch stärker in den Kontext der Menschenrechte zu stellen und für alle Bewohner*innen nachhaltig erlebbar zu machen.

Uhren am Boden im Kunstraum
ORF/Peter Teubenbacher

79 Uhren erinnern an ermordete Frauen

Am Alsergrund hat vor zwei Jahren ein Mann eine Trafikantin in ihrem Geschäft brutal ermordet. Seit kurzem ist der Tatort ein Mahnmal gegen Femizide. Im November wurde zunächst der „Ni-Una-Menos-Platz“ eingeweiht. Nun erinnert eine Kunstinstallation aus 79 Uhren an weitere Opfer.

Die Installation in der früheren Trafik besteht aus 79 stehengebliebene Uhren – sie stehen für die 79 Frauen, die in Österreich seit dem brutalen Mord in der Trafik ebenfalls getötet wurden. „Das ist Symbol – für jede Frau ist die Zeit stehen geblieben“, sagte die Künstlerin und Autorin Sabine Groschup. „Am Anfang war ich ganz geschockt, weil ich hab mir gedacht, das sind innerhalb von den zwei Jahren vielleicht 30 Frauen, die umgebracht wurden.“

Uhren am Boden im Kunstraum

ORF/Peter Teubenbacher
Jede Uhr steht für eine seit März 2021 ermordete Frau

Zudem gibt es Informationen über Hilfsangebote für Opfer von Gewalt. „Wir sind als Gesellschaft gefordert, den Frauen, die Unterstützung brauchen, auch zu helfen. Und wir versuchen das in der Stadt Wien mit dem 24-Stunden-Notruf, mit ausreichenden Frauenhausplätzen“, betonte Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). „Und solche Projekte schaffen es, dass wir immer wieder darüber nachdenken und sprechen. Das ist die Möglichkeit, die die Kunst hat.“

Kunstraum von außen

ORF/Peter Teubenbacher
Die ehemalige Trafik soll nun ein Mahnmal gegen Frauenmorde sein

Platz nach internationaler Initiative benannt

Im März 2021 wurde eine 35-jährige Trafikantin in ihrem Geschäft von ihrem langjährigen Partner attackiert, mit Benzin übergossen und angezündet. Der Tatort soll in dem belebten Stadtviertel nun täglich an alle Opfer erinnern.

Wien heute, 7.12.2023

01:10

Dieses Video ist nicht mehr verfügbar
Video aus rechtlichen Gründen nicht mehr verfügbar.

Als erster Schritt wurde Ende November der „Ni-Una-Menos-Platz“ eingeweiht, abgeleitet von der gleichnamigen Initiative „Ni-Una-Menos“ (übersetzt „Nicht eine weniger“) ab, die ursprünglich 2015 aus einer feministischen Protestbewegung in Argentinien entstand und inzwischen international tätig ist.

Filmfestival / film festival

19. Best Austrian Animation Festival

Filmvorführung / screening

CAGE • CURRAN • FREYER • RÜHM • SCHNEBEL – DAS JOHN-CAGE-ORGEL-KUNST-PROJEKT HALBERSTADT

Datum/Zeit
So., 19.11.2023, 17:00 Uhr

Ort
Achim Freyer KunsthausGespräch mit Rainer O. Neugebauer, Künstlerischer Leiter der John-Cage-Orgel-Stiftung Halberstadt
und Filmpräsentation “(JC{639})” von Sabine Groschup (29 min)


© JOHN CAGE, ZEN OX-HERDING PICTURES: SET 2, #10, 1988
COURTESY RAY KASS & THE MOUNTAIN LAKE WORKSHOP

 

IHRE RESERVIERUNG

Ausstellung / exhibition

Filmvorführung / screening

Ausstellung / exhibition / catalogue launch

Ausstellung / exhibition